12.05.2023

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist verabschiedet!

Das vom Deutschen Bundestag bereits am 16.12.2022 beschlossene Hinweisgeberschutzgesetz ist nach der am 12.05.2023 erteilten Zustimmung des Bundesrates nunmehr endlich verabschiedet worden. Das voraussichtlich noch im Juni 2023 in Kraft tretende Gesetz ist dabei Ausfluss eines langwierigen Umsetzungsprozesses der europäischen Vorgaben der EU-Whistleblower-Richtlinie aus dem Jahre 2019. Mangels Umsetzung der Vorgaben aus der EU-Whistleblower-Richtlinie innerhalb der vorgesehenen Zwei-Jahres-Frist hat die EU bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet, in dessen Folge Deutschland ein „Zwangsgeld“ in Höhe von 61.000 EUR täglich (!) zu zahlen hat. 

Das nunmehr verabschiedete Hinweisgeberschutzgesetz geht in seinem sachlichen Anwendungsbereich deutlich über die Mindestanforderungen der EU-Whistleblower-Richtlinie hinaus und erweitert den Anwendungsbereich des Gesetzes über das EU-Recht hinaus auf zahlreiche weitere Bereiche des nationalen Rechts, insbesondere sämtliche strafrechtlich relevanten Verstöße.


Kernstück des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist es, den Schutz von hinweisgebenden Personen zu verbessern, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt und offenbart haben. Das „institutionelle Kernstück“ zum Schutz von Hinweisgebern ist die – bußgeldbewehrte – Verpflichtung für Unternehmen mit 50 oder mehr Beschäftigten, eine „interne Meldestelle“, also ein Hinweisgebersystem, einzurichten.

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz umfasst im Kern die folgenden Verpflichtungen:

  • Beschäftigungsgeber mit mindestens 50 Beschäftigten sind ausweislich des Hinweisgeberschutzgesetzes zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems verpflichtet.

  • Die insoweit einzurichtende interne Meldestelle muss die Entgegennahme mündlicher, schriftlicher und persönlicher Hinweise der Beschäftigten ermöglichen.

  • Die „interne“ Meldestelle kann sowohl durch einen Mitarbeiter im Unternehmen als auch durch einen externen Dritten (etwa einen Rechtsanwalt) betrieben werden.

  • Der Betreiber der internen Meldestelle muss über die gebotene Unabhängigkeit und Fachkunde verfügen.

  • Die Meldung des Hinweisgebers muss vertraulich behandelt werden. Die Meldung darf nur den mit den „Folgemaßnahmen“ befassten Stellen im Unternehmen zugänglich gemacht werden.

  • Der Hinweisgeber muss spätestens nach sieben Tagen eine Eingangsbestätigung erhalten, spätestens drei Monate nach Eingang des Hinweises muss eine Rückmeldung an den Hinweisgeber über geplante oder ergriffene Folgemaßnahmen erfolgt sein.

  • Jegliche Form von Repressalien gegen den Hinweisgeber sind verboten und nicht nur bußgeldbewehrt, sondern verpflichten auch zu Schadensersatz.

  • Erleidet eine hinweisgebende Person eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit und macht sie dies geltend, so wird im Wege einer Beweislastumkehr vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie für diese Meldung oder Offenlegung ist.

Nachdem das Gesetz in der Abstimmung im Bundesrat am 10.02.2023 nicht die erforderliche Mehrheit fand, scheiterte die Regierungskoalition auch mit ihren neuen Entwürfen vom 14.03.2022, bevor man sich nunmehr im Vermittlungsausschuss auf einen finalen Gesetzesentwurf einigen konnte.

Das nunmehr beschlossene Gesetz beschränkt den Anwendungsbereich im Vergleich zur Fassung aus Dezember 2022 dahingehend, dass die Meldung des Hinweisgebers in einem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit bei dem Beschäftigungsgeber stehen muss, bei dem er tätig ist oder tätig war.

Die ursprüngliche Pflicht, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen, entfällt. Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht nunmehr lediglich vor, dass anonyme Meldungen – von internen wie von externen Meldestellen – auch bearbeitet werden „sollten“.

§ 11 Abs. 5 HinSchG hat die Löschfrist für die Dokumentation nunmehr auf drei Jahre reduziert, es sei denn, weitere Anforderungen nach dem HinSchG oder anderen Gesetzen gebieten eine längere Aufbewahrung.

Schadenersatzansprüche wegen einer Benachteiligung kann der Hinweisgeber nur geltend machen, soweit er einen materiellen Schaden erlitten hat. Immaterielle Schadenersatzansprüche wurden in der verabschiedeten Fassung des Gesetzes gestrichen.

Das maximal mögliche Bußgeld im Falle eines Verstoßes gegen das Hinweisgeberschutzgesetz wurde halbiert und beträgt nunmehr „nur noch“ 50.000,00 EUR.

Das politische Tauziehen um die Feinheiten des Hinweisgeberschutzgesetzes hat nun endlich ein Ende gefunden. Was nach alledem bleibt ist nun der dringende Handlungsbedarf für Beschäftigungsgeber des privaten und des öffentlichen Sektors.


Für Beschäftigungsgeber besteht nunmehr Handlungsbedarf

Beschäftigungsgeber mit 250 Beschäftigten oder mehr sind ausweislich des Hinweisgeberschutzgesetzes zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems verpflichtet.

Beschäftigungsgeber mit 50 bis 249 Beschäftigten erhalten noch eine „Gnadenfrist“, die Pflicht zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems beginnt für solche Unternehmen erst mit Wirkung ab dem 17.12.2023.

Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems ist nicht nur bußgeldbewehrt, sondern führt auch dazu, dass das Compliance Management System des Unternehmens nicht mehr als lege artis qualifiziert werden kann und damit ein Haftungsrisiko für die Geschäftsleitung darstellt.


Wir unterstützen Sie gerne

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  • anwaltliche (anonyme) Telefonhotline sowie eine
  • anwaltlich privilegierte (anonyme) E-Mail-Kommunikation,

sondern auch eine

  • IT-basierte, technisch anonymisierte Web-Anwendung

umfassen.

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Die VBB-Trustbox ist allerdings nicht lediglich eine technische Plattform für den anonymen Empfang von Hinweisen, sondern bietet zugleich auch das rechtliche Know-how, die Vorteile der Anwaltsvertraulichkeit sowie die juristische Bearbeitung der Compliance-Vorfälle und damit ein rechtlich abgesichertes Reporting.

Ansprechpartner
 
Justus Kraft, LL.M.

Justus Kraft, LL.M.

Rechtsanwalt